CRM oder CEM – Was brauche ich für mein Unternehmen?

CEM oder Kundenerfahrungsmanagement erklärt und vom CRM Kundenbeziehungsmanagement abgegrenzt.

CRM oder CEM ?

Eines vorweg: CEM kann man nicht kaufen. CRM eigentlich auch nicht, auch wenn Customer Relationship Management fälschlicherweise im Rahmen einer Software-Lösung so deklariert wird. Also was ist denn nun eigentlich CEM? Customer Experience Management ist eine (neue) Form des Marketings bzw. Managements eines Unternehmens. Man kann es auch als Kundenerfahrungsmanagement bezeichnen.

Alter Wein in neuen Schläuchen? „Customer First“? Kennen doch schon alle, oder? Nein, denn vom strategischen Denkansatz und bezogen auf die Unternehmensführung bzw. Kultur folgt CEM einem völlig neuen und integrativen Ansatz. Aber der Reihe nach:

Definition von Customer Relationship Management

Wie schon in meinen vorangegangenen Beiträgen möchte ich zunächst nochmals die Idee von CRM aufgreifen. Kundenmanagement (CRM) ist KEINE Technologie:

 

"Customer Relationship Management ist „eine kundenorientierte Unternehmensstrategie, die mit Hilfe moderner Informations- und Kommunikationstechnologien versucht, auf lange Sicht profitable Kundenbeziehungen durch ganzheitliche und individuelle Marketing-, Vertriebs- und Servicekonzepte aufzubauen und zu festigen“.

 

 

CRM ist somit ganz klar eine „Unternehmensstrategie“!

 

Definition von Customer Experience Management

CEM ist per Definition: die Gesamtheit aller Prozesse, die ein Unternehmen in allen Hierarchieebenen einsetzt, um jede Interaktion zwischen einem Kunden und der Firma zu verstehen, zu überwachen, zu begleiten, zu organisieren und nachhaltig zu verbessern. Diese umfasst den gesamten Kundenlebenszyklus. Das Ziel von CEM besteht darin, die Kundenbindung zu fördern, sich vom Wettbewerb positiv abzugrenzen und den Unternehmenswert (Marke) zu steigern.

Ergo ist Customer Experience Management auch eine „Unternehmensstrategie“!

 

Erläuterung von Customer Experience

 

CEM hat den Anspruch, möglichst viele Wahrnehmungspunkte des Kunden einzubinden – von der Produktentwicklung über den Erstkontakt mit dem Anbieter und den eigentlichen Kauf bis hin zur Nutzung und Wartung eines Produkts.

Die zentrale Idee zielt auf die Schaffung eines durchgängigen und ganzheitlichen Kundenerlebnisses ab. Damit charakterisiert Customer Experience das subjektive Erleben des Konsums. Kundenerlebnisse entstehen „aus der Reaktion eines Kunden auf bestimmte Stimuli des Unternehmens vor, während und nach dem Kauf“. (-> Schaffung eines zusätzlichen Mehrwertes über den Nutzenwert hinaus)

Die Customer Experience besteht aus vielzähligen Interaktionen eines Kunden mit einem Produkt, einem Unternehmen oder Teilen des Unternehmens, die beim Kunden eine Reaktion (rational, emotional, sinnlich, physisch, geistig) hervorruft.

Diese Punkte bekommen zunehmend Bedeutung für die Generierung von Wettbewerbsvorteilen, um Kunden zu begeistern und „nachhaltig an das Unternehmen zu binden“, da sich viele Unternehmen der starken Austauschbarkeit ihrer Produkte ausgesetzt sehen.Hier ist die Forschung auch noch nicht zu Ende, da es sich um einen dynamischen Prozess handelt.

Bspw. beschreiben Bruhn und Meffert ein Fünf-Stufen-Modell für eine attraktive Gestaltung der Kundenerlebnisse. Diese sogenannten Erlebnismodule errichten „einen Zusatznutzen zum funktionalen Nutzen eines Produkts“. Das Ziel eines erfolgreichen CEM liegt in den „Erlebnisbündelungen“, d. h. in einer vielfältigen Kundenansprache mit möglichst vielen Erlebnismodulen gleichzeitig.

 

Ich möchte hier den wissenschaftlichen psychologischen Ansatz nicht tiefer verfolgen. Aber um das Ziel dieser erklärten „emotionaler Kundenbindung“ zu verdeutlichen, habe ich hier einige praktische Beispiele aufgezeigt:

 

Beispiele

  1. Ein erfolgreicher Ansatz bietet bspw. das Virale Marketing. Die Fa. Dove wirbt plötzlich nicht mehr mit super schlanken Models in der Werbung für Creme, sondern mit hübschen Konfektionsgröße 40 tragenden Frauen. Über das Internet und die sozialen Medien ist „Dove“ mit dieser gesellschaftlichen Kontroverse in aller Munde. Positiv, denn das Unternehmen hat die Bedürfnisse einer nicht unerheblichen Gruppe Frauen (Konsumenten) offensichtlich verstanden und steigt in deren Ansehen (ohne direkt über irgendwelche Produktspezifikationen deren Cremes gesprochen zu haben).
  2. Eine Service-Rücksendung eines Druckers für einen Kunden kommt verspätet an und der Defekt ist immer noch vorhanden. Das betroffene Unternehmen reagiert auf die Beschwerde sofort. Es entschuldigt sich und sendet per Express ein kostenloses Leihgerät für die Dauer der erneuten Reparatur. Die Kosten für die erneute Einsendung werden ebenfalls übernommen. Der reparierte Drucker kommt nun bei der 2. Zusendung pünktlich. Additiv hat der Hersteller einen kompletten Satz neuer Druckerpatronen beigefügt. Zusätzlich zum beigelegten Entschuldigungsschreiben wird dem Kunden ein Gutschein für sich und einen weiteren „Freund“ weiteres Druckerzubehör zugesagt, wenn der Kunde seine (positiven) Erfahrungen im „Serviceportal“ (Internet) schildert.Hier werden negative Erfahrungen in positive überführt und durch Erlebnisschilderung (= Mundpropaganda) als Empfehlung verbreitet. Dazu wird durch den Gutschein noch eine weitere Kundenbindung sowie Werbung erzielt.

 

Spätestens jetzt bekommt man die Idee, dass Customer Experience Management nicht ausschließlich Aufgabe der Marketingabteilung ist, sondern eine ganzheitliche Strategie des Unternehmens darstellt. Denn die Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität ist Aufgabe „aller Mitarbeiter“ eines Unternehmens. CEM ist somit vor allem Aufgabe des Marketings, Vertriebs, Kundendienstes und der Unternehmenskommunikation sowie schlussendlich der Unternehmensleitung, die die Kultur zu verantworten hat.

Zusammenfassung

Bezogen auf die Überschrift muss es demnach nicht heißen CRM oder CEM, sonder:

 

Unternehmen brauchen CRM und CEM

 

Bei dem Customer Relationship Management/CRM (nicht Software) liege der Fokus mehr auf „unternehmenszentrierte“ Transaktionen (Leads, Opportunities und durchschnittliche Bearbeitungszeiten) aber i.d.R. nicht auf Beziehungen, sodass die gesammelten Daten praktisch immer auf der oberflächlichen Ebene bloßer Erfassung von Zahlen, Daten, Fakten stehen: Wann kaufte welche Person welches Produkt und wo.

Die Bildung einer langfristigen Kundenbindung ist mit der Urstrategie von CRM so nicht möglich. Wohingegen CEM die Voraussetzung dafür bietet, eine echte Beziehung zum Kunden aufzubauen und der Firma einen Wettbewerbsvorteil (Marke) schafft, der genau auf dem Verständnis von Kundenbedürfnissen beruht.

In Bezug auf das Markenmanagement liefert CRM keine vollkommene Kundenorientierung, da die meisten Begriffe wie z. B. Markenpersönlichkeit, Markenvertrauen i.d.R. von Managern kreiert und definiert werden. Es fehlt beim CRM an Kundeninput und Erfahrungswerte des Kunden.

CEM konzentriere sich nicht ausschließlich auf die Funktionalität und eine zufriedenstellende Qualität von Produkten und Dienstleistungsangeboten, sondern ebenfalls auf emotionale Aspekte des Konsums, um so den Kunden durch die Vermittlung einer einzigartigen Customer Experience zu begeistern und einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen.1)

CRM und CEM sind beides wichtige, ernstzunehmende Konzepte. Keines ist dem anderen untergeordnet. Aber beide zusammen sind ein unschlagbares Team.

Daher fließen heute auch einige CEM Denkansätze in die modernen CRM-IT Systeme mit ein. Was nicht heißt, dass man es mit einem modernen CRM-IT System schafft, die Erfahrung aus der Sicht des Kunden im Sinne des CEM im Unternehmen vollends zu bearbeiten.

Fazit

Unternehmenskultur kann man nicht mit Software kaufen. Aber es gibt gute, erfahrene und ehrliche Berater, die einen „Change“ bzw. eine Weiterentwicklung von CEM im Unternehmen begleiten und herbeiführen können.

 

All Rights by Oliver Schulz

Onlineversion:  https://morethandigital.info/crm-oder-cem-was-brauche-ich-fuer-mein-unternehmen/

 

Weitere Artikel zu CRM:

1) (Schmitt, Mangold 2005, S. 289 ff zit. in Bruhn, Meffert 2012, 290).